Lenhardt lästert

24.3.05

Gadget des Jahres mit drei Buchstaben

Die Sonne ist heute normal aufgegangen und die Erde dreht sich noch. Was nach Lektüre der hysterischen (und zu langen) Propaganda von Gamespot zum PSP-Launch keineswegs selbstverständlich schien. Als ich heute Vormittag jedenfalls in den Future Shop um die Ecke geschlendert bin, gab’s keinen sich um die letzten Geräte balgenden Mob, dafür vorrätige PSPs ganz ohne kostenpflichtige Begleitspiele (tschüssi, Gretzky).

Erster Wohlfühl-Eindruck: Der hierzulande für C$ 299,- (entspricht US$ 250,-) plus Mwst. verkaufte „Value Pack“ enttäuscht nicht. Verzückt öffnet man die Kartonage, um eine Ebene nach der anderen zu entladen: Demo-Scheiben, Handbücher, Kabel, Köpfhörer, Netzteile, und so weiter. Das Gerät fühlt sich super-solide ein, das Display ist wirklich so brillant wie alle sagen. Die Sound-Wiedergabe klingt über die Lautsprecher arg blechern. Schwach: Die mitgelieferten Billig-Kopfhörer in iPod-weiß beißen sich mit dem schwarzen PSP-Gehäuse. Auf den Memory Stick passen nur 32 MByte drauf; nett zum rumspielen mit ein paar MP3s, aber die Tage werde ich etwas Größeres nachkaufen müssen. Ein USB-Kabel zwecks PC-Anschluß ist nicht dabei, das kostet hierzulande C$ 10,- extra. Angesichts des nackten Bildschirms (kein Klapp-Schutz à la GBA-SP oder DS) ist man für die mitgelieferte Tasche aufrichtig dankbar.

An UMD-Discs liegen der ersten Nordamerika-Auflage der komplette Spiderman 2-Film und eine Demoscheibe bei. Leider enthält letztere keine spielbaren Schnupperversionen, sondern nur lieblose Videodemos einiger Launch-Titel. Dazu ein paar Kinotrailer und Musik-Videoclips - alles nur Reklame, aber für Vorführzwecke nett.

Auch wenn sie ins Geld gehen, sind diese Launch-Tage von neuen Spielkisten immer wieder Höhepunkte meiner irdischen Existenz. Kein emotioneller Vergleich mit den behutsamen Etappensiegen, die das PC-Aufrüsten beschert. Jetzt braucht mir das Christkind eigentlich nur noch die Xbox-Nachfolgekonsole zu bringen...

23.3.05

Von Yoshi zu Gretzky

Heute meckere ich mal in die andere Richtung und sage nette Dinge über ein Spiel, das von der US-Fachpresse etwas harsch abgekanzelt wird. Ich war auch etwas schockiert, dass Yoshi Touch & Go auf den ersten Blick nur aus zwei Basis-Leveltypen besteht. Zwar schaltet man allmählich mehr Modi frei, die neue Abschnitte enthalten. Aber klar, nach heutigen Maßstäben ist der Umfang bescheiden; man spielt ständig die selben Levels und arbeitet an der Perfektionierung seiner Künste sowie einem Eintrag in der High-Score-Liste.

Aber: es macht Spaß. Und ist einmalig. Die verrückte Stylus-Steuerung auf dem Touchscreen funktioniert vorzüglich. Alle in Jahrzehnten antrainierten Bedienungskonventionen sind für die Tonne. Hier muss ich mit Argusaugen beide Bildschirme überblicken, Wolkenbrücken malen, spucke im Idealwinkel Bonusmünzen aus der Himmelshälfte runter und umkringele hastig Bösewichte, um dann Ballons mit einem gekonnten Schlenzer Richtung Yoshi zu schnippen. Das spiele ich immer wieder mal für ein halbes Stündchen zwischendurch, mehr gibt es am Stück nicht her. Aber hallo - was erwarten wir denn von einer Mobilplattform wie dem DS? Langweiler-Epen wie San Andreas (siehe unten?). Touch & Go hat Komplexitätsmängel, aber es ist total originell, gnadenlos charmant und macht Spaß - nicht ganz unwesentliche Punkte, die der Testernachwuchs zu wenig würdigt. Mir bringt so ein erfrischendes Spiel viel mehr als die obligatorischen Super-Mario-gähn-Umsetzungen alter Heimkonsolen-Versionen.

Ab morgen ist aber Yoshi-Pause, denn dann werde ich jedenfalls mit dem vom Vorfreude-Schweiß angefeuchteten Vorbestellungs-Coupon bei EB Games stehen, um meine PSP abzuholen. Obwohl die Mistkerle von Sony kurzfristig meinten, die Käufer mit einem Zwangs-Bundle erfreuen zu müssen. Angezahlt hatte ich den PSP „Value Pack“ (ohne Spiel, mit Zubehör), kaufen muss ich jetzt das „Gretzky-Bundle“ (inklusive gleichnamiger Eishockey-Simulation für 50 Mücken mehr). Sony änderte super-kurzfristig die Auslieferungskontingente für Kanada - und kann sich das wohl auch leisten. Die Mainstream-Medien veranstalten um die PSP viel mehr Tamtam als letzten Herbst vor dem DS-Launch. Die Presse fährt auf die ganze Medienabspiel-Kiste ab, erschauert ehrfürchtig angesichts „dreidimensionaler Spiele“. Die erste Million Geräte für Nordamerika dürfte ratzfatz weg sein. Ich werde also brav fürs Bundle berappen, auch wenn sich in diesem NHL-losen Jahr der Appetit auf eine durchwachsene Eishockey-Simulation in Grenzen hält. Mal gespannt, wie oft ich am ersten Tag die Batterie aufladen muss...

17.3.05

Im San-Andreas-Graben

Es sollte mir ja eigentlich nicht häufig passieren, daß ich mit ein Spiel "privat" (also ohne jegliche Job-Hintergedanken) kaufe und dann nach ein paar Tagen Gefluche das Ding nur noch auf eBay loswerden will. Vor allem, wenn es sich dabei um einen Titel handelt, der über 5 Millionen Einheiten in Nordamerika verkauft hat und eine Durchschnitts-Testwertung von 95 % erhalten hat. Mit der rühmlichen Ausnahme von GamePro USA hat aber keine der Jubel-Pappnasen rüber gebracht, dass Grand Theft Auto mit San Andreas heftig an der Kreativ-Leitplanke entlang scheuert. Bei Vice City hatte ich erheblich mehr Spaß.

Mal abgesehen davon, dass Grafikengine und PS2-Hardware auf dem letzten Zahnfleisch gehen und das stete gequälte Nachlade-Rödeln deprimiert: Vor lauter Gewalt, Gefluche und Ghetto-Charme haben die San Andreas-Designer elementarste Dinge verschlunzt. Längere Betrachtung der überladenen, unscharfen Minimap führt eher zu Blindheit als Wegfindungs-Erleuchtung. Was ist an pseudo-realistischen Gameplay-„Bereicherungen“ wie „Ich muß zum Pizzaladen fahren und dort etwas essen, um bei Kräften zu bleiben“ spaßig? Protagonist und Handlung wecken wenig Sympathien, Charme und Witz sind verflogen. Die Kameraschwenks bei U-Turns (ein wegen oben erwähnter Minimap-Mühsal häufiges Manöver) rauben vorübergehend jegliche Übersicht. Und die Musikauswahl im Autoradio war auch schon mal abwechslungsreicher. Das spielerische Fundament hat immer noch gewisse Basisqualitäten – aber ganz ehrlich, Jungs: In alten, strengen Power Play-Wertungszeiten hättet ihr dafür bestenfalls einen knappen Achtziger gekriegt.

Sorry, aber das mußte einfach losgepöbelt werden. Habe gestern mit meinem großen Bruder telefoniert; der sieht das genauso und spielt lieber Mercenaries. Er meint auch, dass der Handelfmeter gegen Frankfurt im 1860-Spiel total unberechtigt war. Und große Brüder haben bekanntlich immer recht.

16.3.05

Entzugshilfe

... für World of WarCraft-Opfer:

1) Mittelfristiges Spielziel setzen.

2) Mittelfristiges Spielziel erreichen (hier: Ziegenbock als Reittier kaufen).

3) Befriedigt tief durchatmen und so tun, als hätte man gerade das „Spielende“ erreicht. Also die Einzelspiel / Erfolgserlebnis / Es ist vollbracht-Psychologie bei einem Endlos-Online-Titel anwenden. Hat in meinem Fall erstaunlich gut funktioniert, bin seit ein paar Wochen clean. Die Selbsthilfegruppe trifft sich jeden zweiten Mittwoch bei uns im Keller.