Lenhardt lästert

31.12.07

Das Mindesthaltbarkeits-Datum für Jahresend-Listen ist erreicht



Zu den kurioseren Leistungen der weltweiten 2007-Rückblickerei gehört die Aussortierung der schlechtesten Spieleschachtel-Artworks des Jahres von CVG. Ganz amüsant, zumal mir neulich erst bei Mass Effect die Diskrepanz zwischen Qualität der Software und langweiliger Ödnis der Packungs-Artwork aufgefallen ist. Erfreut Euch an richtiger Schachtelkunst, solange es sie noch gibt – umverpackungsfreie digitale Downloads sind unaufhaltsam auf dem Vormarsch.

Die witzigsten Spiele-Jahresend-Preise vergibt Penny Arcade. Deren „We’re right“-Awards haben nicht nur einen wunderbar subjektiven „Ätsch, wir wissen’s besser“-Unterton, sondern zeugen auch von besserem Geschmack als die häufig an Verkaufszahlen angelehnten Jahresendprämierungen anderer Medien. Den Portal-Pokalen kann ich mich nur anschließen; die Puzzles sind nicht nur raffiniert designt, dieses kleine feine Spiel hat auch betörend viel Charme und Humor (alles weitere dazu: siehe Boris). Verkauft wird es als Steam-Download oder im Einzelhandels-Paket „Orange Box“ zusammen mit Half-Life 2 und Team Fortress 2. Alles Spiele, die sehr unterschiedlich sind, was zu einer ernüchternd langweiligen Wischiwaschi-Packung (s.o.) führte (womit der Bogen zum Einstiegsthema erfolgreich gemacht ist).

Wie bescheiden sind eigentlich die Unterhaltungsansprüche von Menschen, die sich am Lärm von selbst entzündeten Knallkörpern erfreuen können? Apropos: Hier noch meine persönlichen Kracher, die Top-20-Einzeltracks des Musikjahres. Und dann Klappe zu, 2007.

1. Fountains of Wayne: Hotel Majestic / New Routine (unmöglich, sich zu entscheiden…)

2. Mika: Grace Kelly

3. Fiction Plane: Two Sisters

4. Arctic Monkeys: Fluorescent Adolescent

5. Feist: 1234

6. Bruce Springsteen: Radio Nowhere

7. Spoon: Underdog

8. Manic Street Preachers: Your Love alone is not enough

9. Matthew Good: I’m a Window

10.Level 70 Elite Tauren Chieftain: I am Murloc

11.Band of Horses: Is there a Ghost

12.Wintersleep: Archaeologists

13.The View: Same Jeans

14.The Kooks: Naive

15.Bloc Party: I still remember

16.VHS or Beta: Can’t believe a single Word

17.Coheed and Cambria: Feathers

18.Motion City Soundtrack: This is for real

19.Arcade Fire: No Cars go

20.Low Level Flight: Change for me

29.12.07

2007 - das Ende ist nah


Genervt vom üblichen Jahresendzeit-Crap (und damit meine ich nicht den bescheuerten „Hoffnung für die Raucher“-Artikel auf SPIEGEL Online, der entweder ein langweiliger Satire-Versuch ist oder ein ernst gemeintes Plädoyer für das „Grundrecht“, die Gesundheit von Passivrauchern weiter unbehindert gefährden zu dürfen)?

Aus Spieler-Sicht sind die ganzen „Best of 2007“-Listen der alten Medien ziemliche Gähner. Und dann noch Putin als „Person of the Year“ des amerikanischen Time-Magazins? Muss ja echt ein ödes Jahr gewesen sein. Schnell rüber zur photoshoppenden Protestbewegung bei Something Awful, wo auch Spiele-Persönlichkeiten bei den liebevoll gefaketen Time-Titelbildern berücksichtigt werden. Meine Lieblinge: Andrew Ryan, Kane sowie der Medic aus Team Fortress 2.

Oh, apropos Jahresend-Listen, die die Welt nicht braucht: Hier meine Top 5 im Musikbereich (gesamte Alben, nicht einzelne Tracks, keine Compilations, kein neu entdecktes tolles altes Zeug wie z.B. Led Zeppelin’s Physical Graffiti):

1. Fountains of Wayne: Traffic and Weather

2. Bruce Springsteen: Magic

3. Manic Street Preachers: Send away the Tigers

4. Matthew Good: Hospital Music

5. Mika: Life in Cartoon Motion

25.12.07

§@%#$!! Weihnachten


Der sensationelle „Weihnachts-Spinone“ wurde wieder gesichtet! Statt Geschenke zu bringen, staubt er lieber Leckereien zum Eigenkonsum ab. Das herzige Foto oben entstand im Rahmen der Session fürs buffed-Weihnachts-Special.

Nichts geht über einen beschaulichen Spaziergang am Weihnachtsmorgen, wenn korpulente Choleriker einen anblaffen, weil sie sich der Ausübung ihrer Skigymnastik-Übungen daran gestört führen, dass mein treuer Hund zwei Meter neben mir unangeleint dahin trottet. Um den Gesprächsverlauf kurz zusammen zu fassen: Du weißt, dass Du wieder in Deutschland bist, wenn Dir wildfremde Eingeborene mit „Weil es auf dem Schild steht“-Diskussionsversuchen ins Gesicht springen und bedauern, dass gerade keine Ordnungshüter zur Hand sind, um die Angelegenheit zu regeln. Danke, du mich auch, schöne Festtage. Nur um die Frage „Macht Weihnachten eigentlich aggressiv?“ mal ein und für alle mal mit „ja“ beantwortet zu haben.

Zurück zu den heiteren Aspekten der Feiertage: Es gibt auch dieses Jahr wieder eine alternative „Weihnachtskarte“ von Rolf „Starkiller“ Boyke. Auf seiner Webseite boyke-comix.de tut sich immer wieder was, alleine die Kommentare zu den Starkiller-Kostproben sind einen Besuch wert.


1.12.07

Der Gerstmann-Skandal


Verpönt ist es, aber geben tut es so etwas: Medium X veröffentlicht einen Verriss über Spiel Y, woraufhin Publisher Z erbost seine Anzeigen storniert. Werbegelder-Entzug als Strafe für redaktionelle Ungeliebtheit ist eine Keule, die eigentlich niemand auspacken sollte. Redaktion und Anzeigen sind ähnlich getrennt zu betrachten Kirche und Staat. Natürlich kann man von der Redaktion einen professionellen Umgang mit einem Spiele-Publisher erwarten. Aber wenn der Tester sich intensiv genug mit einem Produkt beschäftigt, um kompetent begründen zu können, warum es ihm nicht gefällt, ist dies zu respektieren. Die Glaubwürdigkeit einer Redaktion ist ihr höchstes Gut, weshalb sich Verlage schützend vor selbige stellen. Meistens.

CNET, der Eigentümer der angesehenen US-Webseite gamespot.com, hat seinen Chefredakteur Jeff Gerstmann gefeuert. Auslöser soll – und hier begeben wir uns in Gerüchteküchen-Territorium – dessen Video-Review des Eidos-Spiels Kane & Lynch gewesen sei. Dann passierte wohl etwa das, was Penny Arcade im Comic-Format beschrieben und damit das halbe Internet alarmiert hat: Eidos habe mit der Stornierung von Werbegeldern in sechsstelliger Höhe gedroht, Gerstmann durfte seinen Schreibtisch ausräumen. Sein gründlicher, aber fundiert wirkender Video-Verriss ist nicht mehr auf Gamespot zu finden, bleibt YouTube sei Dank aber zugänglich.

Ob Gerstmann nach zehn Jahren bei Gamespot wirklich „nur“ wegen Kane & Lynch oder anderer Ursachen entlassen wurde, können wir Außenstehende nicht beurteilen. Das Timing hätte auf jeden Fall nicht ungeschickter sein können, für CNET und Eidos droht ernsthafter Imageschaden. Erboste User strafen Kane & Lynch mit Protest-Mindestwertungen ab und fordern Gerstmanns Rehabilitation in wütenden Foren-Postings. Bei Joystiq fasst man indes die letzten Entwicklungen im Fall "Gerstmann-gate" zusammen, inzwischen kam es sogar zu einer Solidaritäts-Demonstration.

Oh, und parallel gab’s gleich noch ein Skandälchen in der Spieleindustrie: Harvey Smith (Deus-Ex-Veteran, früher Ion Storm Austin) bedachte auf einer Tagung in Montreal sein gerade veröffentlichtes Spiel Black Site Area 51 und Arbeitgeber Midway mit deutlichen Worten. O-Töne: "This project was so fucked up" und "With a year to go, the game was disastrously off rails... it went straight from alpha to final." Schwupps, schon wurde die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen bekannt gegeben. Hmmm, Eidos Montreal sucht vielleicht noch Personal für das frisch angekündigte Deus Ex 3?