Lenhardt lästert

17.2.07

O Canada


Ich habe ein schlechtes Gewissen wie ein säumiger Grüsse-Schreiber, der seine Urlaubs-Ansichtskarten erst nach der Heimkehr in den Briefkasten wirft. Denn ich habe es in einer Woche Urlaub nicht geschafft, das geliebte Blog upzudaten und werfe mich jetzt erst nach dem Rückflug in die Tasten. Nach fast einem halben Jahr betrat ich wieder mal den Raum Vancouver - und der war zuvor immerhin fünf Jahre lang mein Hauptwohnsitz.

Emotionell rutscht man da sofort in den Modus des gerührten Heimkehrers, der aufmerksam jede Änderung registriert: Schau an, bei der Flughafen-Parkgarage haben die Bauarbeiten für die neue Bahn-Anbindung zur Innenstadt begonnen haben (nichts geht über Winterolympiaden-Infrastruktur). Um die Ecke von der alten Bleibe verschwand das Day Care Centre, auf dessen Grundstück eine weitere Starbucks-Filiale errichtet werden soll (Mist, hätten die das nicht schon früher machen können?). Und im alten Hundegassi-Park sind die Welpen von früher inzwischen ganz schön groß geworden, während sich neuer niedlicher Nachwuchs auf den durch steten Regenfall zuverlässig aufgematschten Pfaden tummelt.

So ein Trip dient nicht nur der Wahrnehmung von Behördengängen und Steuerberaterterminen, sondern bietet auch wieder Gelegenheit für längere Beschäftigung mit dem Nintendo DS Lite. Rund 10 Stunden Flugzeit nach Frankfurt (bei dem der Nebenmann die eigentlich als neutrale Zone zu verstehende Sitzlehne penetrant mit seinem dämlichen Ellbogen belegt – igitt, bleibt mir fern!); dazu ein paar Bahnstunden bis Nürnberg – das ergibt einiges an Spielzeit. So stand der Hinflug ganz im Zeichen des (wieder mal vorzüglichen) neuen Castlevanias Portrait of Ruin, auch wenn mich Bosskämpfe der Kniffligkeitskategorie „10 Versuche aufwärts“ bei Mobilspielen etwas annerven. Toller Actiontitel, erscheint Anfang März auch in Deutschland.

Unerklärlicherweise noch ohne Europa-Termin ist dagegen Elite Beat Agents, ein enorm witziger und spaßiger Höhepunkt des Rhythmus-Action-Genres. Zu den Takten von Gassenhauern wie „Y.M.C.A.“ oder „Let's dance“ klopft man auf dem Touchscreen in Kreise hinein oder verfolgt eine rollende Kugel mit dem Stylus, um Trommelwirbel auszulösen. Am oberen Bildschirm spielt sich dazu eine hinreißend komisch-kitschige Geschichte ab, deren Verlauf von meinem rhythmischen Geschick beeinflusst wird. Touchscreen und Bildschirm-Doppel werden wunderbar ausgenutzt, unterm Kopfhörer kommt die Mucke so richtig gut rüber: Elite Beat Agents ist das Gute-Laune-Unterwegsspiel des Jahres.

Des weiteren in den Modulschächten: Lunar Knights, das in der US-Presse hoch gelobte neue Action-Adventure aus dem Studio von Metal-Gear-Solid-Kojima. Kommt etwas langsam auf Touren, kann aber nach ein paar Stunden mit seiner angenehm gemächlichen Mischung aus Action-Adventure, Rollenspiel und eingestreuten Touchscreen-Ballersequenzen durchaus fesseln. Als echten Dauerbrenner für den längsten Langstreckenflug habe ich noch Final Fantasy VI Advance für den GBA in Reserve, für dessen Bewältigung ich wahrscheinlich noch den Rest des Jahresurlaubs benötigen werde. Den verbringe ich dann hoffentlich ohne näheren Kontakt mit den sanitären Anlagen des Frankfurter Flughafens, die einem Vorhof zur Hölle gleichen.