Lenhardt lästert

21.9.05

Top 5 vom 21.09.05


Das Entstehen dieser Liste verzögerte sich wochenlang, weil ich noch die genaue Position des neuen Romans von John Irving ausloten wollte. Nachdem ich mich aber immer noch nicht ganz durch das Backstein-schwere Monstrum gequält habe, muß mein (ehemaliger) Lieblingsautor außen vor bleiben. Deprimierend und langweilig, über 800 Seiten ohne zündende Ideen, auch bei den Charakteren springt der Funke nie über - „Until I find you“ ist ziemlicher Quark, den eine Kürzung um etwa 50 Prozent vielleicht gerettet hätte. Oder auch nicht. Betrachtet Euch jedenfalls als gewarnt.

Ansonsten sei angemerkt, daß selbst in Kanada die Tagespresse mit faszinierter Aufmerksamkeit den Regierungskuddelmuddel nach der Bundestagswahl verfolgt. Ich habe brav meinen staatsbürgerlichen Beitrag per Briefwahl geleistet, verfolge aufmerksam die Print- und Online-Berichterstattung des „Spiegel“. Aber eins kapiere ich nicht: Wie Schröder es schafft, mit den vorliegenden Zahlen die Kanzlerschaft für sich zu beanspruchen - echt spektakulär. Nach einer gewissen Anzahl von Jahren im Amt scheinen die Leute den Blick für irdische Realitäten zu verlieren, siehe Kohl in der Endphase. Eine Sache hat das US-Wahlsystem für sich: Der Amtsinhaber kann nur einmal wiedergewählt werden, dann muß eine andere Pappnase ran. Aber jetzt zur Kultur...

1. Advance Wars: Dual Strike (Nintendo DS)

Der Touchscreen des DS wurde geradezu für Rundenstrategiespiele erfunden. Auch wenn sich gegenüber den GBA-Vorgängern grafisch und spielerisch nicht viel änderte, macht das Einheiten-Kommandieren alleine wegen der Antipp-Steuerung mit dem Stylus extra viel Spaß. Für ein schnelles Unterwegs-Spielchen faßt schon zu komplex, aber auf längeren Flugstrecken gibt’s nichts besseres.

2. Lost (DVD/TV)

Pssst, bloß keine Spoiler! Die erste Staffel hole ich gerade auf DVD nach, diese Woche läuft bereits Season zwo im US-TV an. Je weniger Sie vorab über Lost wissen, desto besser. Außer, daß es erheblich mysteriöser und spannender wird, als es die „Flugzeugabsturz-Überlebende gestrandet auf einsamer Insel“-Ausgangslage vermuten läßt.

3. NHL 06 (Xbox)

Alle Jahre wieder kann ich nicht anders: mmmh, Eishockey. Die Paß-Paß-Onetimer-Orgie ist vielleicht weniger realistisch, aber dafür erheblich spaßiger als in der letzten Saison. Dank Roster-Update über Xbox Live spielen meine Vancouver Canucks schon mit neuem Personal. Und der Dynasty-Modus erlaubte es mir, unseren Fliegenfänger-Goalie Cloutier hurtig wegzudealen.

4. Our Lady Peace: Healthy in Paranoid Times (Musik)

Abt. „Kanadische Rocker, die vermutlich kein Schwein kommt“. An die knackige Produktion des letzten Albums Gravity kommt die neue Scheibe nicht ganz ran, aber auch mit vermindertem Biß gelangen Our Lady Peace einige schöne melodische Titel. Der unerträglich eingängige Pop-Anbiederungsohrwurm „Angels losing sleep“ verbreitet Hit-Bereitschaft zum Auftakt, danach geht’s bei Mitgrölgelegenheiten wie „Where are you“ weniger weich gespült zur Sache.

5. Harry Potter and the Half-Blood Prince (Buch)

Der literarische Sommer war so öde (siehe oben), daß selbst ein eher mittelmäßiger Harry Potter heraus ragt. Einige Aspekte des Hogwarts-Schuljahres regen nur noch zum Gähnen an und der „verknallte Teenager“-Aspekt ist zu dick aufgetragen. Aber stets kurzweilig zu lesen mit einem interessanten Schluß, der großartige Dinge für das abschließende Buch erwarten läßt.

16.9.05

Ein Griff genügt


Du weißt, daß du alt und verbittert wirst, wenn du die ersten Bilder von Nintendos Revolution-Controller siehst und spontan denkst ...

1) „Was ist das für ein bescheuerter Fake?“

2) „Mist, noch ein Gerät mehr, daß ich mit der TV-Fernbedienung verwechseln kann.“

3) „Tolles Gimmick, aber wo ist das Yps-Heft?“

4) „Nintendo spinnt.“

Wie viele Spiele wird es wirklich geben, die sowohl Spaß machen als auch diese ganze Wink-, Wedel- und Point-Funktionalität ausnutzen? Wenn ich mir dann den angeschnürten Zusatz-Analogstick ansehe, fühle ich mich ästhetisch an mißratene Telefon-Designstudien der 80er Jahre erinnert und bezweifle, ob das Gewürge mit zwei Geräten wirklich so viel einfacher ist, als einen herkömmlichen Controller mit beiden Händen zu betätigen. Ich sehe es schon kommen: Revolution wird womöglich als letzte Next-Gen-Konsole erscheinen, die schwächlichste Grafiktechnik bieten, bestehende Controller-Standards ignorieren - und dann heulen wieder die Fan-Boys, warum für die bösen Microsoft- und Sony-Konsolen mehr Spiele entwickelt werden.