Lenhardt lästert

19.10.05

Immer wieder sonntags



Familienausflüge sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Aber wenn Ozeane und größere Landmassen für eine Trennung zwischen den Lieben sorgen, springt die World of WarCraft als Spielwiese für gemeinsame Unternehmungen ein. Jeden Sonntag zur Kompromiss-Uhrzeit 12 Uhr mittags PST / 21 Uhr MEZ trifft sich unser „Freunde und Familie“-Vierer auf einem deutschen Server für gemeinsame Instanzen-Unternehmungen. Die Klassen waren abgesprochen, jeder machte einen neuen Charakter. Wir haben den Krieger, den Heiler, den Magier und den Schurken. Teamspeak-Kommunikation gibt den gemeinsamen Abenteuern etwas von einem militärischen Sonderkommando. Wer pullt wen wie, Anweisungen und Hilfsgesuche, Taktikanalyse und gute Ratschläge, abgerundet von abgrundtiefer Bescheidenheit - kaum einer traut sich zu würfeln, Drops muss man einzelnen Mitstreitern regelrecht aufdrängen. Kein Vergleich mit den weinerlichen Raffzähnen, wie man sie aus manchen Pick-up-Gruppen kennt.

In einer solchen Konstellation sorgt World of WarCraft dann für den vollen transzendentalen Erlebnisrausch. Und das sagt jemand, der seinen Hauptcharakter auf dem US-Server weitgehend solo rauflevelte und dabei durchaus seinen Spaß hatte. Doch Instanzen können ohne festen Anhang frustrierend sein: Bis man mal die Leute zusammen hat, dauert es; völlig Deppen-freie Zweckbündnisse sind eher selten. Dass die meisten Instanzen eine sehr lange Spielzeit erfordern, macht die Sache nicht leichter - Blizzard dürfte ruhig mehr Quickie-Kompaktzonen wie die Palisaden designen.

Doch diese festen Verabredungen mit immer der selben Clique haben einen ganz eigenen Charme. Da ist die Hauptmotivation zur Bezwingung eines monsterverseuchten Klosters nicht länger die Gier nach Schätzen und Erfahrungspunkten, sondern das gute Gefühl, wichtiges Zahnrädchen einer auf allen Zylindern feuernden Heldenmaschinerie zu sein. Solche Momente kann man zeitweilig auch bei Pick-up-Gruppen haben. Aber regelmäßig mit den selben Leuten zu spielen, die man schon jahrelang „offline“ kennt, ist ein gnadenloser Emotionsverstärker.

Deshalb: Nehmt Kontakt zu alten Freunden auf, überzeugt diese von der Spielanschaffung und einigt Euch auf einen Server, um mit neuen Charakteren loszulegen. Für Bekanntschaften, die unter räumlicher Distanz leiden, können gemeinsame Unternehmungen in World of WarCraft ein kostbares Trostpflaster sein. Vielleicht registrieren eines Tages ja sogar jene Mainstream-Medien diese soziale Komponente, die sonst immer nur „Computerspiele machen einsam/dumm/brutal“-Platitüden absondern.

4 Comments:

  • Kann ich nur bestätigen.
    Mit echten Freunden in die Virtualität "eintauchen", ist 10x besser als
    Fremd gehen ;)

    By Anonymous Anonym, at 08:15  

  • Nachdem ich mich mit ein paar Personen auf den öffentlichen Boards "geprügelt" habe, wie denn die korrekte Verhaltensweise bei Dungeon-Dropes wäre, habe ich eine sehr einfache Version des Würfel- und "Need/Greed"-Chaos geschaffen: "Jeder würfelt für alles". Dies hat mehrere Auswirkungen:

    1. Der ganze unterschwellige Streß, auf das Würfeln der anderen Mitspieler zu achten, entfällt völlig. Kommentare wie "Boah, hast du ein Glück" werden mehr.

    2. Man geht damit entspannter an die Sache heran. Somit werden Sympathien einfacher aufgebaut. Die Gruppen zerfallen üblicherweise nicht sofort, wenn der Dungeon durchquert ist.

    3. Es läßt sich nach Erfüllung unter den Mitstreitern handeln. Da bereits Sympathien aufgebaut wurden, läßt sich entspannt handeln. Dinge lassen sich von wohlgesonnenen Ex-Mitstreitern, mit denen man gerade ein entspanntes und phantastisches Abenteuer bestanden hat, viel günstiger erhalten. Außerdem hat man ja selbst auch die eine oder andere Sache eingestrichen.

    4. Die Mitstreiter verlassen üblicherweise nicht zwischendurch die Gruppe. Dies passiert ja oft, wenn man endlich das gewünschte Item in den Händen hält. Hier hat das wahrscheinlich jemand Anderes in der Hand und will am Ende des Abenteuers drum verhandeln.

    Das einzige Problem sind BoP-Sachen, dort funktioniert das leider nicht. Diese treten jedoch in meinem Level noch wenig auf.

    By Anonymous Anonym, at 00:07  

  • Gestern wider besseren Wissens (keine Zeit, nicht ganz gesund) nach Zul'Gurub aufgebrochen - und das rockte dann schon stark. 20 Mann, viele Bosse, sehr groß und abwechslungsreich. Und heute abend geht es weiter. Arrgh. Derweil stapeln sich hier Singleplayer-Titel zuhauf.

    Oh, und das Bild: Razorfen?

    By Blogger Roland, at 13:37  

  • Kann da im grunde nur beipflichten, ich spiel WoW seit release (bzw. seit Beta) auf US Servern, aber das hauptsächlich wegen der "Community"/Gilde in der ich seit mehr als 5 Jahren bin.
    Gott sei dank bin ich deshalb nicht auf Pickup Gruppen angewiesen und kann wahrscheinlich an einer Hand abzählen wie oft ich in einer war (läßt man Battlegrounds und eventl. Events wie Outdoor Raidbosse mal weg).

    Teamspeak (oder Ventrilo etc.) bringen auf jeden Fall eine ganz neue Stufe von Spielgefühl, die mich vor allem in den kleinen Battlegrounds (WSG/AB) fast mehr an an meine alte TFC Shooter Zeit erinnert, als an Rollenspiele.

    Auf welchem US Server hast du dich den früher herumgetrieben?

    cu starside
    Ice

    By Anonymous Anonym, at 23:35  

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